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Michaelnbach
Pastoralgeschichte |
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Christentum in Oberösterreich in den Anfängen [15] |
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2.1. Der notwendige größere Zusammenhang |
Michaelnbach ist gewiss ein wichtiger
Ort, für die, welche dort leben, „der“ Ort. Das Gasthaus dort „das“ Gasthaus
und die Wahrheit, die dort ausgebreitet wird oft „die“ Wahrheit. Sie setzt sich
auch gut durch, weil jene über die Wahrheiten in Form von Aussagen geschaffen
werden, meistens „eh nicht dort“ sind. Es ist ja ein ungeschriebenes Gesetz,
dass über nicht Anwesende gesprochen wird.
Für Michaelnbach ist ihr Geschäft
„das“ Geschäft und ihre Post „die“ Post. Und dennoch, wie es halt für Menschen
so zu akzeptieren ist, keiner lebt für sich allein, keiner kann beanspruchen,
der einzige und wichtigste zu sein.
Wenn dieser Glaube vielfach als
heimliches „Erbe“ in Form einer inneren Haltung für viele seit der Kindheit weg
erhalten geblieben ist, dann musste er irgendwo seinen Anfang haben – in der
Missionierung. Da also Michaelnbach „ein Ort“ bei der Missionierung war, müssen
wir uns bei der Nachforschung in diesen größeren Zusammenhang der
Christianisierung Oberösterreichs stellen.
In der Christianisierung, von der die
Zeugnisse spärlich sind, können wir ein großes Wunschdenken feststellen, aus
dem heraus sich Orte aus sehr alten Zeiten und möglichst bedeutenden
Missionaren herleiten. So hat zum Beispiel Bischof Pilgrim von Passau (971-991)
sogar eine Urkunde gefälscht, in der er einen „Nachweis schafft“, dass Petrus
und Paulus, die Apostel selbst in Oberösterreich, in der ersten christlichen
Stätte, nämlich Lorch bei Enns Missionierung betrieben habe. [16]
In dem Bereich, wo wir die Fakten nicht eindeutig haben, brauchen die Geschichtsforscher
ein gutes Gespür. Und wir sehen an diesen beiden vorhandenen Dokumenten, es
kann recht Unterschiedliches herauskommen. Daher wollen wir das Vorangestellte
mit den Ergebnissen des neuesten Forschungsstandes in unserer Diözese in Bezug
setzen. Er hat nämlich recht verständlich diese Brücke von den Christen in Rom
zu den ersten christlichen Zentren in unserer Heimat geschlagen. Wir können und
dürfen nicht annehmen, dass Michaelnbach eine ganz eigenständige
Missionsgeschichte aufzuweisen hat. Wir sind nur ein Teil der Welt.
Das gesamte folgende Kapitel ist der
Forschung Zinnhoblers entnommen. Es wird der Lesbarkeit willen darauf
verzichtet, immer die genauen Seitenangaben vorzunehmen. Denn die Hefte sind
knapp und schnell nachlesbar, das heißt die vorgenommenen Aussagen auch leicht
überprüfbar, weil die Hefte auch heute noch im Handel erhältlich sind. |
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2.2.Anfänge des Christentums in Oberösterreichs allgemein |
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Erste Christen in Oberösterreich als „Zufallsprodukt der
Geschichte“ |
Zinnhobler stellt fest, dass es keine gezielte
Einpflanzung des christlichen Glaubens in unserer Region zu Beginn gab. Es gab
keine ersten Missionare, wie etwa die früheren Geschichtsschreiber gerne gehabt
hätten. Der vorher bereits erwähnte Passauer Bischof versuchte dies sogar in
einer gefälschten Urkunde glaubhaft zu machen. Sicher wäre es ehrenhaft, wenn
eine erste Christianisierung durch Mönche oder gar Apostel erfolgt wäre. doch
die eher „zufällige“ Übertragung durch römische Soldaten, Kaufleute und Beamte,
welche in die Provinz gekommen waren, hat auch ihren Wert. Die Tätigkeit von
Seelsorgern und Verkündern ist ja sowieso wie sehr oft mehr auf Ablehnung und
Misserfolg gestoßen, als sie ihre Ziele erreicht hätte. Meist erst war der
zweite oder dritte Anlauf erfolgreich bzw. sind die ersten Bemühungen wieder
der Zerstörung zum Opfer gefallen. Wir sehen ja selber, dass die
frühchristlichen Ausbreitungen in Afrika und viele in Kleinasien alle wieder
vernichtet worden sind. Das große christliche Zentrum Konstaninopel, heute
Istanbul ist nicht mehr, was es einmal war. Möglicherweise wird auch unserem
Europa ein zukünftig ganz unerwartetes und nie vermutetes Schicksal im Bezug
auf den Glauben blühen. Niemand weiß es. Daher ist es sehr hoffnungsvoll, wenn
es auch Glaubensausbreitungen ohne gesteuertes Zutun des Menschen gibt, wenn
Gott selber sozusagen die „Geschicke in die Hand nimmt“, wie wir es in den
Anfängen sagen können. Das Römerreich war von der Vorsehung als Weg zur
Glaubensausbreitung geworden. Wieder waren es die menschlichen Geschicke,
Schicksale, welche mitspielten. Denn in der Zeit der Verfolgung hatten sich
Christen oft in die Provinz versetzen lassen oder sind gar dorthin geflüchtet
und so sind dort erste Zellen eines bescheidenen christlichen Lebens entstanden.
Mit der Zunahme von römischen Soldaten in Oberösterreich ist auch die Vertreter
von Christen gestiegen. Denn historisch nachweisbare Zeugnisse bringen ans
Tageslicht, dass es 171 n. Chr. in Österreich unter den Soldaten bereits einige
Christen dabei waren. |
Lauriacum – Lorch bei Enns, erste christliche Zelle |
Die Tatsache vom Hl. Florian, der 304
mit 40 Christen dort als ein römischer Beamter sehr hohen Ranges den
Märtyrertod gefunden hatte, zeugt davon. Zeugnisse geben aber an, dass andere
Christen sich retten konnten, weil sie sich in entlegenen Tälern und Höhlen
versteckt hielten. Man kann also schon von einer gewissen Ansammlung und ersten
Form von „Versammlung und Gemeindebbildung vor dem Martertod rechen.
(Zinnhobler, S.8f.) Kaiser Diokletian war in seiner Toleranz gegenüber anderen
Religionen nicht mehr so großzügig, wie Vorgänger. Man betrachtet ihn in der
Forschung als Mann, der eine umgehende Wiederherstellung der römischen
Religiosität mit dem Kaiserkult betrieb. In diesem Zusammenhang kam es 299 zu Entlassungen
von Christen aus dem Heer aus religiösen Gründen. Alle Indizien sprechen dafür,
dass die Gebeine in einem Schrein, welche bei Grabungen gefunden werden
konnten. (Zinnhobler S.10ff.) Mit dem Toleranzpatent im Jahr 311 unter dem
römischen Kaiser Galerius war das Christentum zu einer erlaubten Religion
geworden. An dieser Stelle wurde bei Grabungen ein Kirchenbau von 370
freigelegt. Wenn man Wels als die damalige Hauptstadt annimmt, darf auch dort
berechtigterweise von irgend einem Kirchenbau in dieser Zeit ausgegangen
werden. Frühe Kirchensynoden zeigen, dass auch schon Vertreter aus unserer
Region dabei waren. Es lässt sich aber nicht mit Sicherheit feststellen, wie
die Organisationsstruktur im Detail war. Aber Gräberfunde, Kirchenbauten, und verschieden
Beweise lassen mit Sicherheit annehmen, dass es bereits eine gewisse
organisierte Christlichkeit gab, die im 4. Jahrhundert das Heidentum
zurückdrängte [17]. |
Severin und die Zeit der Völkerwanderung |
Mit dem Rückzug der Römer im Land brach
die Zeit der Völkerwanderung herein. Dies war eine wichtige Epoche: Die
Struktur, welche von den Römern aufgebaut worden war, zerfiel. Die Christen
hatten sich aber in der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts bereits so gut
organisiert, dass sie vielfach erhöhte Bedeutung für das in „Chaos fallende
Land“ hatten, weil sie Aufgaben übernahmen, die bis dahin zivile Instanzen
wahrgenommen hatten [18].
In Lauriacum saß damals bereits ein katholischer Bischof namens Constantius,
wie es auch schon Klöster und eine völlig herausgebildete kirchliche Hierarchie
mit allen Funktionen: Priester, Diakon,... gab. Die durchziehenden und im
„freigewordenen Land“ einfallenden Völker waren aber für Kirche wie Volk eine
große Bedrohung. So konnte sich auch die kirchliche Struktur nicht mehr richtig
weiter entwickeln [19].
Der Hl. Severin war damals ein herumziehender Mönch, der viel Gutes bewirkte.
Eine ganze Lebensbeschreibung berichtet von ihm. Kurz in seiner Darstellung hat
richtigerweise von St. Severin auch entsprechende Schlüsse für Michaelnbach
hergestellt. Dieser Severin war ein Mann, der ursprünglich aus dem Adel oder
Staatsdienst stammte und daher auch die nötigen Fähigkeiten mit sich brachte,
das „unverwaltete Land“ etwas zu leiten. ER spendete vor allen den Christen Mut
zum Durchhalten. Man darf sich die Pionierleistung jener Menschen vor Augen
halten, die das Land trotz der schwierigen Verhältnisse nicht verlassen hatten.
Severin versuchte oft Bewohner umzusiedeln, wenn Feindestruppen herannahten und
sorgte sich auch um die Flüchtlinge. Er führte die Abgabe eines „Zehnten
Teiles“ vom Ertrag ein, um die soziale Not mit diesen Mitteln lindern zu
können. So dürfte er den „Zehent“ in Oberösterreich eingeführt haben. Aber auch
diese Siedlung Lorch konnte sich nicht halten. |
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2.3.Lebensgefühl der Menschen – der Mut der Christen |
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Besondere Einfühlung ist gefragt |
Wenn wir diese geschichtlichen Daten
anfügen, dann sind wir ohne uns Gedanken zumachen geneigt, sie zu uneinfühlsam
in unsere Zeit einzuordnen. Aber wir müssen uns vorstellen, dass es dort keinen
Rechtstaat gab. Das Eigentum war nur insofern sicher, dass es ein Mensch
schützen konnte. Wenn jemand in der Lage war, es an sich zu nehmen, dann war
dies der „damals übliche Weg“. Das galt von den Siedlern hier vor Ort, wie auch
besonders für größere Gruppen von Menschen, die von anderswo in diese Gegend
eindrangen. Als die Römer noch im Land waren gab es Sicherheit. Denn diese
Verwaltung, Herrschaft brachte auch Schutz. Es hatte niemand gewagt, ins Land
einzufallen, weil die Römer dies verhindern, oder wenigstens rächen würden.
Waren aber die Römer nicht mehr da, so galten die hier lebenden Menschen mit
ihrem Besitz als mögliche Beute für andere. So konnten Menschen nur bestehen,
wenn sie sich zu größeren Gruppen zusammenschlossen. Es war aber auch kaum
jemand, der die Autorität und die Fähigkeit dazu gehabt hätte. So war Severin
für die Menschen damals ein großer Segen. Er verstand es aus früheren
Tätigkeiten, Menschen zu führen und Gemeinschaften zu organisieren. |
Die Kraft der Klöster und Gemeinschaften |
Wenn man da von Klöstergründungen hört,
darf man sich das nicht so vorstellen, wie es etwa heute wäre: Ein paar Menschen
ziehen sich vom Leben zurück, um sich ganz Gott zu widmen, und das ist alles.
Es waren da nicht ein paar Fromme, die sich gerne unter die Führung eines Abt
gestellt hatten, und sich so hinter eine große und dicke Mauer sperren ließen.
Es waren auch nicht alles nur edle und heilige reine Motive, die Menschen zu
diesen Pionierleistungen getrieben haben. Das wäre plötzlich zu anders zum
„Ehrgeizler“ Paulus und den Anfängen. Da waren auch Menschen voll Sehnsucht
nach einem sinnvollen und geglückten Leben wie heute. Mit aller Kraft suchten
sie solches zu finden und sahen sich um nach den besten Möglichkeiten, die es
in ihrer Zeit und ihrem Umfeld gegeben hatte. Die Klöster waren eher eine
Schutzgemeinschaft, die Menschen unter einer gemeinsamen Regel und Führung
stark werden ließen. Heute bedeutet der Eintritt in ein Kloster das Aufgeben
von Freiheit und zwar in Form der individuellen Wünsche, die man einer
Gemeinschaft unterordnete. Damals aber waren alle individuellen Wünsche von
vorne herein frei. Es gab aber das Problem, dass sie ja außerhalb eines
Zusammenschlusses in einer Gruppe keiner verwirklichen oder gar verteidigen
konnte. Eine Klosterregel war so etwas wie eine Ordnung zum Zusammenspiel und
zur besseren Organisation der einzelnen Kräfte und Fähigkeiten. Daher waren
Klöstergründungen oder religiöse Gemeinschaften diejenigen, die am ehesten auch
Größeres bewirken konnten.
Um es an einem Beispiel zu
verdeutlichen: Ein einzelner Mensch für sich konnte sich höchstens eine Hütte
bauen bzw. ein Versteck im Wald. Denn er war nicht einmal in der Lage einen
Baum zu fällen und brauchbares Bauholz daraus zu bekommen. Die Menschen spürten
in den elementaren Grundvollzügen des Lebens, wie sehr sie einander brauchten.
In dieser Kraft zur Gemeinschaftsbildung erwies sich das Christentum auch als
jene Dynamik, die unser Land groß werden ließ. Die Christen mit Severin, welche
ihr Leben nicht fürchten mussten, waren auch jene Mutigen, welche nach dem
Wegfallen des äußeren Schutzes im Land geblieben waren.
Es liegt also ohne jedes Verständnis für
die allgemeinen Lebensbedingungen von damals, wenn man die Gründung von
Klöstern im Sinne einer Machtergreifung betrachtet oder einer Ansammlung von
Besitz. Einzelne Menschen hätten dies nicht können. Es galt damals nicht Güter
zu übernehmen und zu besitzen, sondern es war die Phase, sie erst einmal
hervorzubringen, zu schaffen. Wenn wir frühen Klosterbesitz betrachten, müssen
wir es als das „Erzeugnis“ der Mönche einschätzen und nicht als „Reichtum“, den
sie sich von anderen angesammelt und behalten hatten.
Doch es war zu dieser Zeit, die Kurz als
Rückfall in eine prähistorisches Dunkel nennt schwer genug. Wenn auch
Gemeinschaften einmal etwas Wachsen lassen konnten, wurde es mehrere Male durch
große einfallende Truppen geplündert und wieder zerstört. Doch sie hatten jedes
Mal die Kraft, wider Neues aufzubauen. So war der Beginn des Christentums für
die Region nicht nur der Beginn einer Religion, sondern auch ein gewaltiger
Fortschritt. Da ist es auch verständlich: Wenn Glaube gleich Fortschritt
bedeutet, dann brauchen die Menschen nicht mit Gewalt dazu bewegt werden. |
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